Verden - Von Johanna ZeunerVERDEN · „Vierhändig“ ging es im Klavierhaus Helmich zu. Die Bremer Pianistin Karin Schreiber spielte zusammen mit Prof. Kurt Seibert Klavierstücke von Mozart, Brahms, Schubert und Schumann.
„Man muss sich das schon etwas unbequemer vorstellen“, sagte Seibert einführend vor dem bis auf den letzten Platz besetzten Saal. „Klaviere waren ja damals kleiner.“ Vierhändige Werke seien im 19. Jahrhundert entstanden, um jungen Schülern das Gefühl zu geben, schon etwas zu können. Es seien aber auch durchaus anspruchsvolle Werke für zwei Pianisten an einem Klavier entstanden. Man habe ganze Symphonien vor Zeiten der Schallplatte und des Radios mit dieser Besetzung in die Wohnzimmer holen können.
Das Bremer Duo an einem Klavier spielte auch unbekanntere Werke des Genres, das gehört zu Seiberts Konzept. So die Klaviersonate C-Dur KV 521 von Wolfgang Amadeus Mozart und „Bilder aus dem Osten“ von Robert Schumann.
Schreiber zeichnete sich in Ersterem durch ein nahezu übermütiges Spiel in den oberen Lagen aus. Mozart stand mit seinen umschreibend fröhlichen und tänzerischen Figuren förmlich im Raum. Seibert bewahrte in den unteren Lagen die dazugehörige Ruhe. Im Andante trafen sich beide in andächtigem Zusammenspiel. Spannend hier auch die individuellen und überraschend wechselnden Tempi.
Mit den Variationen in Es- Dur op.23 von Johannes Brahms wurde es bedachter. Brahms hat vor nahe zu 160 Jahren mit diesem Stück, das er Schumanns Tochter Julie widmete, dessen tragischem Ende gedacht. Es ist „ein privates Bekenntnis von Brahms an Schumann“, so Seibert. Dieser variiert, für die damalige Zeit unüblich deutlich, Schumanns mit „leise und innig“ überschriebenes letztes Thema, das dieser selber als „Engelseingebung“ verstand.
Schreiber und Seibert nahmen das Stück nahezu erzählerisch und so dahin laufend, wie ein Leben – aber auch deutlich deklamierend. Die Variationen endeten mit einem Trauermarsch. In diesem löst sich das Thema Schumanns nahezu sphärisch und, wie Seifert sagte, „genial“ auf. Nach der Pause schloss das Duo mit „Aus dem Osten“ op. 66 von Robert Schumann selbstbewusst und sensibel an.
Seibert erläuterte, Schumann sei als Verlegersohn sehr belesen gewesen. Zwar habe er sich dagegen verwehrt, dass es genaue Literaturzuschreibungen zu seiner Musik gäbe, aber dass Literatur Einfluss nahm, ist wie bei diesem Stück, eindeutig. Obwohl sich Schumann mit diesem Beitrag in der Romantik populären östlichen Kulturwelten annäherte, blieb er doch sehr „deutschempfindend“ so Seibert. Dies wurde im Satz „Im Volkston“ deutlich hörbar. Friedrich Nietzsche habe einmal gesagt, bei Schumann müsse man sich die „sächsische Schweiz“ als inneres Bild vor Augen führen.
Auch das profunde Hintergrundwissen Seiberts machte das Konzert im Klavierhaus zu einem Erlebnis. Der Abend endete mit der bekannten Fantasie in f-moll D 940 von Franz Schubert, das in der internationalen Kultur Wiens entstand. Der aufbrechende Charakter der romantischen Fantasie, die, so Seibert, durchaus noch klassische Sonatenzüge trägt, kam in der Interpretation des vierhändigen Duos angenehm zum Tragen. Auch hier war das dialogische Zusammenspiel der beiden Pianisten, vor allem im Largo, spürbar. Ebenso entschlossen wie träumerisch endete das Konzert, das schon das 86. in der Reihe von Hauskonzerten des Klavierhauses Helmich war.
Kreiszeitung, 12.02.14
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